Brainwashed - Bjørn Melhus "The Oral Thing"
Bjørn Melhus The Oral Thing 2001 1-Kanal-Video (Farbe, Ton) © VG BILD-KUNST Bonn, 2020 Courtesy Sammlung Goetz, München

31.01.2020 – 20.09.2020

Brainwashed - Bjørn Melhus "The Oral Thing"

„Brainwashed“ widmet sich dem popkulturellen Phänomen des Mainstreams, das seinen Höhepunkt in den frühen 2000er-Jahren erreichte. Kennzeichnend für diesen Mainstream waren Medienformate wie Reality-TV, Hollywood-Filmproduktionen mit dem Anspruch ein globales Ereignis zu sein, eine von Selbstoptimierung beherrschte Werbebranche sowie ein mit zahlreichen Musikvideos international forcierter Starkult. 

Die Ausstellung geht der Frage nach, welche manipulativen Strategien in pluralistischen Gesellschaften einen medialen Gleichklang zu erzeugen vermochten, einen tonangebenden Geschmack in der Kultur, bis hin zur Propagierung von politischen Überzeugungen oder gar hegemonialen Geschichtsbildern. 

Die Werkauswahl macht die Verknüpfung von Wirtschaft, Medien und Politik mit dem Ziel, Menschen zu beeinflussen und Gewinn zu maximieren, sichtbar. Die hier versammelten Künstlerinnen und Künstler legen kommerzielle Bildsprachen kritisch offen, ihre widersprüchlichen Verheißungen, Stereotypen und Klischees. Zu ihren künstlerischen Verfahren einer Dekonstruktion gehören neue Schnitt- und Collagetechniken ebenso wie vielfältige Praktiken der Selbstinszenierung, wie z.B. medial vermitteltes Branding. 

Inwiefern sich der Mainstream der frühen 2000er-Jahre radikal destabilisierend auf ein Selbstvertrauen und persönliche Urteilskraft auswirkte, wird greifbar. Hiervon waren auch die Künstlerbilder, die verbreitet wurden, betroffen. Diese Mechanismen eines manipulierten Sehens und Fühlens sowie dadurch beeinflusste Rezeptionshaltungen in Erlebnisgesellschaften können die Besucher in der Ausstellung erfahren.

Brainwashed - Bjørn Melhus "The Oral Thing"

Der deutsch-norwegische Künstler Bjørn Melhus greift in seinen Arbeiten jeher global medienkritische Perspektiven auf. Er bedient sich gleichermaßen bekannten wie unbekannten Figuren aus Film und Fernsehen, wobei er vielfach in deren Rollen schlüpft. Mittels dieser künstlerischen Praxis lässt er manipulative Strategien sichtbar werden, die das Verhältnis von Massenmedien und Zuschauer bis in unsere heutige Gegenwart hinein reflektieren.

In The Oral Thing steht Bjørn Melhus als Moderator einer inszenierten Talkshow seinen eigenen Klonen gegenüber. Die beiden Geschwister artikulieren sich mit Kinderstimmen, und ihre Aussagen könnten einer durchschnittlichen amerikanischen Familientalkshow entstammen, in der private Konflikte öffentlich ausgetragen werden. Die Gäste wie auch der Moderator wiederholen sich stetig selbst – die wiederkehrende Frage- und Antwort-Praxis lässt an Konzepte der psychologischen Manipulation denken. Melhus begibt sich mit Kleidung und Habitus in die Rolle eines beängstigenden Heilsbringers.

An das Phänomen des Reality-TV angelehnt, sollen den Zuschauern eine Form von Identifikation mittels alltäglicher menschlicher Probleme suggeriert und eine persönliche, emotionale Bindung zum jeweiligen TV-Format aufgebaut werden. Melhus hat die ironische Selbstinszenierung als Prediger, der seine Gäste nur zum Zwecke der Unterhaltung vorführt, gewählt, um so das Reality-TV an sich zu dekonstruieren. Er persifliert dessen Strategien, indem er diese ins Leere laufen lässt: Die Talkshow endet abrupt ohne ein versöhnendes Finale.

Öffnungszeiten Sammlung Goetz im Haus der Kunst
Donnerstag 10 Uhr bis 22 Uhr
Freitag bis Sonntag 10 Uhr bis 20 Uhr
hausderkunst.de




All events