Doppelausstellung von Romina Abate und Mike Huntemann
Foto: Romina Abate, Ohne Titel (Voliere), 2020, © Romina Abate

03.10.2020 – 18.10.2020

Doppelausstellung von Romina Abate und Mike Huntemann

Der Kasseler Kunstverein zeigt als Abschluss der Ausstellungsreihe – = + Ideen für ein Umdenken vom 03.– 18.10. eine Doppelausstellung von Romina Abate und Mike Huntemann.

Romina Abate
Drehen auf der Stelle

zur Werkgruppe „Das Meer der Hunderttausend Inseln“ gehörend

In der Seefahrt bezeichnet das „Drehen auf der Stelle“ eines von verschiedenen möglichen Schiffsmanövern, bei welchem eine Kurs- und/oder Geschwindigkeitsänderung eines oder mehrerer Schiffe unter ungünstigen geographischen, meteorologischen, hydrologischen sowie verkehrstechnischen Bedingungen vorgenommen wird. Die Manövriertätigkeit ist assoziative und metaphorische Annäherung an die Thematik des Kurswechsels, des Wandels und des Um/Denkens. Das Drehmoment wird als räumlich-zeitlicher Kulminationspunkt der Zustandsveränderung und Vorwärts/Bewegung mit offenem Ausgang begriffen. Dabei wird das Potenzial des Verweilens im Manöver und der Des/Orientierung befragt. Der „Wandel“ formuliert sich als künstlerische Suchbewegung, die mehrdimensionale und non-lineare „Werke“ als Versuchsanordnungen im Raum hervorbringt.

Assoziative Verknüpfung findet sich zum Motiv des Papageis: Papageien, die einst als exotische, lebendige Fracht per Schiff nach Europa kamen, sind heute in deutschen Wohnzimmern, in für sie entworfenen Vogelhäusern, heimisch. Bei Papageien die in Gefangenschaft leben, wurde die sogenannte „Taumelkrankheit“ beobachtet, auch als „Drehschwindel“ bekannt, eine Nervenerkrankung die eintritt, wenn Käfige nicht die richtige Größe oder Form aufweisen. Sie äußert sich in unkontrollierten Drehbewegungen des Kopfes mit der Folge der Orientierungslosigkeit des Tieres. (...)
 
Romina Abate kombiniert verschiedene Medien wie Zeichnung, Fotografie, Video und Performance zu skulpturalen Arrangements und Installationen. In ihren Arbeiten untersucht sie Assoziations,- und Verweisebenen zwischen Sprache, Bild, Objekt und Raum sowie damit einhergehende Bedeutungs- und Kontextverschiebungen. Fundstücke sowie Abbildungen und Begriffe aus Lexika bilden mehrdeutige, poetische und fragmentarische Erzählungen. Die Werke, Versuchsaufbauten ähnlich, befragen gewohnte Darstellungs- und Re/Präsentationsmodi sowie Produktions- und Rezeptionsweisen installativer Kunst und entwerfen eigene Ordnungs- und Referenzsysteme.
 
Romina Abate, geboren 1982 am Bodensee, studierte an der Kunsthochschule Kassel Bildende Kunst bei Prof.in Dorothee von Windheim, Prof. Christian Philipp Müller und Prof. Florian Slotawa, dessen Meisterschülerin sie 2014 war. Sie erhielt zahlreiche Stipendien im In- und Ausland, zuletzt das zweijährige Georg-Meistermann-Stipendium des Cusanuswerks. Derzeit arbeitet sie als Künstlerische Mitarbeiterin an der Kunsthochschule Kassel in der Klasse für Kunst im zeitgenössischen Kontext.
 
Mike Huntemann
Real-Time Propaganda (2015)


Die Arbeit “Real-Time Propaganda” fasst fünf massenmediale Ereignisse der Nachrichtenlandschaft der letzten zwei Jahre automatisiert zusammen. Auf der Suche nach Youtube-Videos zu den fünf Themen NSA, Ebola, Charlie Hebdo, Germanwings Absturz und MH370 greift ein Algorithmus auf die Technik der automatisierten Spracherkennung zurück – eine Technologie, mit der große Internetkonzerne und Geheimdienste die in der Masse verfügbaren Inhalte automatisiert analysieren, klassifizieren und filtern. In einem 13-minütigen Loop werden die so gefundenen Videoausschnitte von einem Algorithmus dramaturgisch entsprechend der für Massenmedien typische Trendkurve auf die Videokanäle verteilt. Durch die asymmetrische Verteilung der Monitor-Lautsprecher-Paare in der mehrkanaligen Installation kann der Betrachter seinen Blick nicht fokussieren, sondern wird durch den dadurch entstehenden Surround Sound dazu verleitet, seinen Blickwinkel stetig zu verändern.

Mike Huntemann (*1992) ist Medienkünstler und Researcher aus Kassel. In seiner künstlerischen Praxis forscht er zur Produktion und Verbreitung von nutzergenerierten Inhalten auf Social Media Plattformen, untersucht Internetstrukturen zum Thema Privatsphäre und Überwachung und entwickelt Installationen zu algorithmischen Entscheidungsprozesse. Für seine Videoarbeiten benutzt er Software-Tools, um Found-Footage Material automatisiert aufzuspüren, zu kategorisieren und zusammenzusetzen.
Mike Huntemann studierte bis 2019 Neue Medien an der Kunsthochschule Kassel und setzt dort seine Arbeit als künstlerischer Mitarbeiter zu dezentralen Netzwerken und Kryptowährungen fort.




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